Unternehmenskultur
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Kein Betriebsklima - Unternehmenskultur!

Warum „Cultural Fit“ auch in der öffentlichen Hand immer wichtiger wird

Der sogenannte „Cultural Fit“ – die Identifikation des Mitarbeiters oder Bewerbers mit der Unternehmenskultur – ist heute wichtiger denn je. Mit dem wachsenden Fachkräftemangel stehen vielen qualifizierten Arbeitskräften die Türen in Wirtschaft und öffentlichen Sektor offen. Die Unternehmenskultur als Entscheidungsfaktor ist dabei nicht zu unterschätzen. Der Staat hat hier Nachholbedarf.

Betriebsklima & Corporate Identity, Culture und Design


Unternehmenskultur wird oft mit „Betriebsklima“ verwechselt. Das Betriebsklima ist jedoch im Gegensatz temporär beschränkt und von den Teammitgliedern sowie der aktuellen Stimmungslage abhängig. Anders als die Unternehmenskultur bezieht es sich nicht zwangsläufig auf die Werte der Organisation. Das Betriebsklima ändert sich deutlich öfter und ist flexibler.

Außerdem ist die Unternehmenskultur (Corporate Culture) von der Corporate Identity abzugrenzen. Die Corporate Identity ist eine Unternehmensidentität, welche nach außen kommuniziert wird.

Dabei unterliegt sie dem Corporate Design, welches beispielsweise Unternehmensfarben, Begrifflichkeiten, Logo etc. definiert.

Das Corporate Design und die Corporate Identity werden auf Basis der Unternehmenskultur ausgearbeitet. Diese bezieht sich jedoch auf die internen Belange. In der Praxis verschwimmen diese Bereiche oft – innerhalb der internen Kommunikation wird etwa Wert auf das Corporate Design gelegt, die Unternehmenskultur im Rahmen des Möglichen an potentielle neue Mitarbeiter kommuniziert.

Die meisten öffentlichen Einrichtungen – allen voran Schulen, Krankenhäuser, Polizei und Kindergärten erachtet die Bevölkerung zwar als wichtig. Bei der Frage nach der Anerkennung für Berufsgruppen landet der Beamte aber insgesamt nur auf Platz 25 von 33.

Das Beamtenprofil entsprechend der eine Bürgerbefragung „öffentlicher Dienst – Einschätzung, Erfahrungen, Erwartungen“ 2017.
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In der Außenwirkung ein klares Imageproblem

In dieser jährlich vom Deutschen Beamtenbund beauftragten Bürgerbefragung „Öffentlicher Dienst – Einschätzung, Erfahrungen, Erwartungen“ schnitten die Arbeitsämter mit der Schulnote 3,1 und die Ministerien auf Landes- oder Bundesebene (3,0 bzw. 2,9) 2017 am schlechtesten ab. Das ist angesichts der 800.000 Fachkräfte, die laut einer PwC-Studie bis 2030 fehlen werden, kein Pappenstiehl! Deshalb die Ansage der Beratungsgesellschaft: Der öffentliche Dienst muss seine Attraktivität als Arbeitgeber steigern, an seiner Außenwirkung arbeiten und die Vorzüge seiner Unternehmenskultur viel stärker präsentieren. Das ist alles andere als trivial.

Weiterhin schwierig gestalten sich die oft starren Strukturen und damit fehlende Gestaltungsspielräume und Aufstiegsmöglichkeiten in der Verwaltung.

Misstrauens-, statt Vertrauenskultur?

Aus Sicht Prof. Dr.  Antoinette Weibels liegt das Problem zu großen Teilen im fehlenden Vertrauen. Anstatt von einer Vertrauens-, könne man eher von einer Misstrauenskultur sprechen, die im Wesentlichen an den Kontrollinstanzen fest zu machen sei, erklärt die St. Gallener Professorin für Personalmanagement.

Mit Blick auf die deutsche Verwaltung hält sie es für erstrebenswert, eine Wertschätzungskultur und leistungsorientierte Entlohnung zu etablieren. Das erweist sich hierzulande bekanntermaßen als problematisch. Um die Verwaltung für junge Leute trotzdem attraktiver zu machen, schlägt Weibel vor, das Bild des politischen und gemeinwohlorientierten Arbeitens zu stärken. Und die Familienfreundlichkeit des öffentlichen Dienstes noch stärker in den Vordergrund zu stellen – ähnlich dem Manifest „Sicherheit des Arbeitsplatzes“: Wer sich einmal im öffentlichen Dienst etabliert, muss sich keine Sorgen mehr um Befristungen und Arbeitslosigkeit machen. Das sei bei den Bewerbern angekommen.

Lohngleichheit, Diversität, klare Haltung

Staat und Kommunen müssen mit dem punkten, was sie haben – und es zeigen! In einer Studie von YouGov und LinkedIn schlossen 18 Prozent der Befragten aus, zu einem Unternehmen zu wechseln, das schlechter zu ihnen passt – egal, welches Gehalt ihnen geboten würde. Elementar für das Zugehörigkeitsgefühl seien hier Transparenz und Fairness im Sinne von Lohngleichheit, Diversität, klarer Haltung des Unternehmens und gerechtfertigten Arbeitsverträgen. Der „Cultural Fit“ könnte aber noch wichtiger werden.

18% der Befragten schließen aus, zu einem Unternehmen zu wechseln, das schlechter zu ihnen passt – egal, welches Gehalt ihnen geboten würde.
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97 Prozent finden Cultural Fit wichtig

In der aktuellen StepStone-Studie „Recruiting mit Persönlichkeit“ wurden 25.000 Fach- und Führungskräfte sowie 4.000 Recruiter und Personalentscheider befragt. 97 Prozent gaben an, dass ihnen Cultural Fit wichtig ist. Besonders relevant: der Umgang mit Kollegen, Führungsstil, Kommunikationsstil, Personalpolitik und Transparenz. Auch wenn die „Formalqualifikation“ weiterhin den Ausschlag gibt, gaben immerhin 65 Prozent an, bei Neueinstellungen bereits gezielt darauf zu achten. Das ist auch im Public Sector möglich – etwa im Rahmen persönlicher Kompetenzen unter Berücksichtigung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

Wie sieht es in der Verwaltungslandschaft aus?

Verwaltung ist aber nicht gleich Verwaltung – wie sieht die Lage in den tausenden deutschen Behörden tatsächlich aus? Welche Unterschiede gibt es? Wie hat sich die Unternehmenskultur in den letzten Jahren auch verändert? Und mit welchen Strategien, Konzepten und Instrumenten kann sich die Verwaltung überhaupt selbst attraktiver machen – wo sind politische Entscheidungen gefragt? 

Auftakt einer neuen Serie

Diese und weitere Fragen adressiert die neue Serie „Unternehmenskultur im öffentlichen Sektor“ im Anschluss an diesen Einstiegsartikel. In den kommenden Wochen steht die Corporate Culture im Mittelpunkt weiterer Artikel mit Eindrücken verschiedener Einrichtungen aus Bund, Länder und Kommunen.