Forum Gesellschaftlicher Dialog Öffentliche Sicherheit
© Wegweiser/Simone M. Neumann

Zusammenfassungen und Resultate

Arbeitsergebnisse aus Foren und Werkstätten zu den Themen Gefährdung, Verantwortung, Digitalisierung, gesellschaftliche Anerkennung, Erfahrung und Professionalisierung

Der Gesellschaftliche Dialog Öffentliche Sicherheit bot den Teilnehmern eine neue Plattform, um den Dialog zwischen Politik, Wirtschaft, Sicherheitsbehörden und der Zivilgesellschaft zu unterstützen. Ziel war es, Lösungsvorschläge für Praktiker und Politik hervorzubringen. In den Foren im ersten Kongressteil richtete sich der Fokus auf die Definition der Problemlagen (Kernfrage „Was?“). In den Werkstätten am Nachmittag drehte sich alles um deren Lösungsfindung (Kernfrage „Wie?“). Lesen Sie hier eine kurze Ergebniszusammenfassung.

 

Leitfrage 1 zum Thema "Verantwortung"

»

Ist die jetzige Sicherheitsarchitektur optimal oder brauchen wir eine neue im Bund und in Europa?

«
Dr. Markus Hellenthal von Capgemini (links) stellte die Ergbenisse zur Leitfrage "Verantwortung" vor, Jürgen Zurheide (WDR) moderierte.
© Wegweiser/Simone M. Neumann

"Im Panel haben wir einvernehmlich die keineswegs neue Erkenntnis bestätigt, dass die heutige Sicherheitsarchitektur, wenn auch immer noch im Großen und Ganzen erfolgreich, nur aus historisch erklärbaren Ansätzen mit vielen jeweils aus aktuellem Anlass getriebenen Anbauten besteht. Eine große Herausforderung liegt insbesondere in den daraus im Laufe der Zeit entstandenen heterogenen Organisationen, Aufgabenzuschreibungen, Zuständigkeiten und Befugnissen zwischen Bund und Ländern", erklärte Dr. Markus Hellenthal. "Der Handlungsbedarf ist evident."

Alle Teilnehmer sprachen sich dafür aus, dass eine auch zukünftig erfolgreiche Sicherheitsarchitektur einen an definierten Zielen orientierten Plan voraussetzt. Dieses Ziel basiert auf der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres Grundgesetzes mit den darauf beruhenden deutschen und europäischen Rechtsstaatsgarantien.


Grundsätzlich Annahmen

  • Öffentliche Sicherheit zu gewährleisten ist Teamwork und setzt zwingend mehr Vertrauen und individuelle Verantwortungsnahme von Akteuren voraus
  • Bessere Vernetzung sämtlicher Akteure der Inneren Sicherheit und ihre nahtlose Zusammenarbeit ist „notwendig“ im eigentlichen Wortsinne
  • Klare Weisungs- und Koordinierungsrichtlinien für Bundes- und Landesbehörden, wobei die jeweils Befähigsten in die Führungsverantwortung gehen sollten

Alle Teilnehmer stimmten sodann überein, dass es wünschenswert wäre, einen aus fünf Elementen bestehenden Handlungsplan umzusetzen, um die Handlungsbedarfe zielorientiert und konsequent anzugehen. Dieser könnte folgendermaßen aussehen:


5-Punkte-Handlungsplan

  1. Eine alle Akteure und Aspekte der Inneren Sicherheit umfassende Nationale Sicherheitsstrategie zu definieren und kontinuierlich fortzuführen.
  2. Ein neues Musterpolizeigesetz für Bund und Länder zu vereinbaren, wie es die IMK bereits beschlossen hat.
  3. Entsprechende Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern zu vereinbaren, um gemeinsame verbindliche Standards und Maßnahmen im Rahmen der polizeilichen Prävention und Gefahrenabwehr sowie der Strafverfolgung zu gewährleisten.
  4. Ein periodischer Sicherheitsbericht
  5. Eine an den Zielen und Aufgaben orientierte, effiziente und effektive IT, die als wiederum zielorientierter Enabler für die Akteure fungiert und bei der es nicht darauf ankommt, wem die IT-Serviceorganisation „gehört“, solange die rechtlichen Rahmenbedingungen (insbesondere Datenschutz und Datensicherheit) und der staatliche Souveränitätsanspruch gewährleistet bleibt.

Leitfrage 2 "Digitalisierung"

»

Chancen und Risiken der Vernetzung aller Lebensbereiche - sind wir dafür richtig aufgestellt?

«
Uwe G. Becking von IBM präsentierte die Ergebnisse rumd um das Thema "Digitalisierung".
© Wegweiser/Simone M. Neumann

Die 500 Mio. Euro, die die Große Koalition in Digitalisierung investieren will (Koalitionsvertrag) seien gut, der Betrag könne aber nur ein Anfang sein, erklärte Uwe G. Becking von IBM für seine Gruppe. „Hier geht es um eine Milliarden-Investition.“ Ein Beispiel: die Verschiebung von Kriminalität ins Internet. Polizei und Staatsanwaltschaft könnten vieles sehen und wissen auch, was getan werden müsste – sie dürfen es aber in vielerlei Hinsicht nicht. Oder können es zeitlich nicht: „Künstliche Intelligenz kann hier helfen, Beweismittel automatisiert auszuwerten“, so Becking.  

Prognosen gehen davon aus, dass bis 2020 weltweit 1,5 Mio. Sicherheitsexperten gesucht werden. In Deutschland gibt es hierfür aber bislang keine typische Ausbildung, keinen Beruf und auch kein Studium. Becking plädierte deshalb dafür, möglichst alle vorhandenen Disziplinen aus Wissenschaft und Wirtschaft zu verzahnen, um zügig mehr Kompetenzen aufzubauen.  „Entgrenzung“ laute das Stichwort.      

Leitfrage 3 "Gesellschaftliche Anerkennung"

»

Polizei und Sicherheitsbehörden – wie verbessern wir ihr Image, verschaffen Anerkennung in der Gesellschaft und wie schützen wir die Polizei etc. vor Übergriffen und Respektlosigkeit?

«
Prof Dr. Anna Daun von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin präsentierte die Ergebnisse zur gesellschaftliche Anerkennung der Sicherheitsbehörden in Deutschland.
© Wegweiser/Simone M. Neumann

Ergebnisse des Forums III

  • Innere Sicherheit hat in der Öffentlichkeit und in der Politik inzwischen einen hohen Stellenwert (war früher NICHT so!)
  • Ansehen der Polizei in der Gesellschaft ist weiterhin gut, aber sie scheint z.Tl. „überlastet“ (Ergebnis einer Studie)
  • Die Flüchtlingskrise hat das Ansehen von Polizei und Sicherheitsbehörden im Prinzip NICHT belastet
  • Im Unterschied zur Polizei haben die Nachrichtendienste weiterhin ein schlechtes Image in der Bevölkerung. Daran sollte etwas getan werden
  • Umgang mit bestimmten Gruppen ist schwierig, aber „No go areas“ sind eine Mär (jedenfalls in Berlin)
  • Polizei braucht von Politik Unterstützung für robustes Auftreten und notwendige Befugnisse
  • Ursache des Problems ist das Paradigma eines schlanken Staats, das seit den 1990er Jahren verfolgt wurde und auch mit deutlichen Einsparungen einherging
  • In der Prävention soll auch Gesellschaft mitwirken, bevor die „Staatsmacht“ eingreift
  • Die Ressorts sind gefordert, Desinformation und Fake News, die die Legitimität des Staates von außen beschädigen können, richtig zu stellen

Ergebnisse der Werkstatt III

  • Freiheit braucht Sicherheit. Sicherheit braucht Polizei, Feuerwehr und private Sicherheitsdienste.
  • Das Image ist grundsätzlich gut.
  • Paradox ist die zunehmende Gewalt durch Minderheiten.
  • Opfer aus dem Bereich der Sicherheitsbehörden nicht zu Tätern machen.
  • Wichtig ist gute Kommunikation in alle Richtungen.
  • Analyse vorhandener Kampagnen: Welche Wirkungen wurden erzielt?
  • Rückendeckung durch die Politik ist notwendig.
  • Gute Aus- und Fortbildung als Grundlage für durchsetzungsfähige Polizeiarbeit.
  • Im Bereich Sicherheit nicht sparen.
  • Qualifikation und Standards privater Sicherheitsdienste verändern/verbessern.

Leitfrage 4 "Professionalisierung"

»

Neue Potentiale einer Zusammenarbeit – Hand in Hand oder ein Nebeneinander von Staat und Privat?

«
Stellten die Ergebnisse zum Thema "Professionalisierung" vor: Olaf Peter Schleichert von Deloitte (Mitte) und Prof. Dr. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München (rechts).
© Wegweiser/Simone M. Neumann

Ergbenisse des Forums IV

Die Diskussion näherte sich schnell dem Bereich der Unterscheidung zwischen den Teilen, die der Staat können könnte, aber nicht zu können braucht: bspw. die Sicherheitsgarantie an Flughäfen und dem Teil, die der Staat können muss, aber nicht kann, weil ihm das Personal oder die Kompetenz fehlt: bspw. im Bereich der IT. Hier muss eine viel engere Kooperation zwischen Wirtschaft und Staat etabliert werden, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen.

Die staatlichen Vertreter wie auch die Wirtschafts- oder Verbandsvertreter konnten sich dieser Sichtweise anschließen. Zwischen Wissenschaft und Wirtschaft wurde im Anschluss eine dementsprechende Kooperation bereitgestellt, die seitens des Staates so auch dezidiert, ggü. den Sicherheitsbehörden als Blaupause eingefordert wurde.

Ergebnisses der Werkstatt IV

In der Werkstatt wurden die Ideen des Vormittags vertieft und mit Arne Schönbohms Zitat vom Vorabend verbunden: Es sei Geschwindigkeit, was in der IT für Staat wichtig sei, eingedenk der Geschwindigkeit der Wirtschaft.

Innovation, Experimentierräume, „StartUp-Ökosysteme“ und Kreativität aus Wirtschaft und Wissenschaft sind somit gute Vorreiter für den Staat, sich in seinen Verästelungen daraus zu bedienen. Design Thinking Erfahrungen – bspw. der Grundsatz „Fail early, fail often“ – und eine entsprechende Fehlerkultur können hier gravierende Veränderungen erzeugen.

Personal und Technologie sind anschließend dann Ergebnisse und nicht mehr Vorbedingung für gutes, schnelles und erfolgreiches Handeln.