Berlin

Open Data zwischen politischen Versprechen und Verwaltungswirklichkeit

Eine ÖFIT-Studie vergleicht die Open-Data-Praxis in vier europäischen Metropolen

Open Data soll die Zusammenarbeit zwischen Behörden verbessern, die Transparenz von Politik erhöhen und neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Die Ansprüche an die Verwaltung sind hoch, doch ein Blick auf die tatsächliche Veröffentlichung und Nutzung der Daten ernüchtert.

Daten, die der öffentliche Sektor erhoben hat, zählen mittlerweile gemeinhin als öffentliches Gut. Entsprechend wurde die Bundesverwaltung mit §12a EGovG bereits 2013 dazu verpflichtet, ihre unverarbeiteten Daten auf dem Metadaten-Portal „GovData“ bereitzustellen. Mittlerweile finden sich dort Daten von Verwaltungen aus allen Bundesländern. Rund die Hälfte der deutschen Bundesländer und auch immer mehr Kommunen betreiben zusätzlich eigene Open-Data-Portale, wie der Open Data Atlas anschaulich zeigt. Beim Global Open Data Index, der seit 2013 erhoben wird und die Offenheit staatlicher Verwaltungsdaten misst, belegte Deutschland im Jahr 2019 Platz 24. Den ersten Platz belegte Taiwan.

Open Data und Open Government

Die Veröffentlichung und Bereitstellung von Daten für eine Weiterverwendung durch Dritte wird als „Open Data“ bezeichnet. Dabei handelt es sich in der Regel um nicht geheimhaltungsbedürftige und nicht personenbezogene Daten, die in offenen und maschinenlesbaren Formaten jeder Person vollständig zugänglich sind. Die Veröffentlichung von Daten des öffentlichen Sektors ist eng mit dem Schlagwort „Open Government“ verbunden, der zunehmenden Öffnung der Verwaltung gegenüber der Gesellschaft. Open Data soll dabei mehr Nachvollziehbarkeit, Bürgerbeteiligung, wirtschaftliche Mehrwerte, Kooperation und schnellere Verwaltungsmodernisierung ermöglichen. Doch diesen Versprechungen stehen häufig enttäuschende Zahlen bei Veröffentlichung und Nachnutzung von Daten gegenüber.

Open-Data als Kreislauf

Open Data sollte als ein eigenes Ökosystem verstanden werden, das es zu pflegen gilt. In diesem Ökosystem sind zwei Akteursgruppen zentral: Datenbereitstellende und Datennutzende. Die Bereitstellung und Nutzung von Daten folgen einem Kreislauf.

© Fraunhofer Fokus / Kompetenzzentrum Öffentliche IT

Der Kreislauf beginnt mit der Motivation der Datenbereitstellenden zur Veröffentlichung ihrer Daten. Diese Motivationen können sein:

  • Transparenz: Die Nachvollziehbarkeit des Verwaltungshandelns kann das Vertrauen in die Verwaltung stärken.

  • Partizipation: Durch den Zugang zu den Informationen wird die politische Willensbildung und Einflussnahme erleichtert.

  • Wirtschaftlicher Mehrwert und soziale Wertschöpfung: Die Verfügbarkeit und freie Verwendbarkeit von Verwaltungsdaten ermöglichen neue Geschäftsmodelle und soziale Innovationen.

  • Verwaltungsmodernisierung: Offene Verwaltungsdaten können Verwaltungsabläufe verbessern.

Im nächsten Schritt des Kreislaufes werden je nach Motivation die Daten entweder im Top-down- oder Bottom-up-Ansatz bereitgestellt. Beim Top-Down-Ansatz stößt die Gesetzgebung die Veröffentlichungen der Daten an. Beim Bottom-Up-Ansatz wird dies von Bürger:innen oder Verwaltungsangestellten angetrieben.

Nutzung von Open Data

Die Bereitstellung der Daten wird stark von dem Interesse der Nutzer, der Daten beeinflusst. Kommerzielle App-Entwickler benötigen vor allem maschinenlesbare Daten. Bürger:innen hingegen nutzen offene Daten meist indirekt, durch journalistische Inhalte oder aufbereitet in Apps. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Civic-Tech-Entwickler verwenden Open Data für Analysen und die Gestaltung von Apps, die gesellschaftliche Probleme aufzeigen oder lösen. Die Nutzung von Daten ist also breit gestreut, daher empfiehlt es sich viele Datensätze aus unterschiedlichen Bereichen zu veröffentlichen.

Der vierte Aspekt im Open-Data-Ökosystem betrifft die Nutzer:innenakzeptanz. Daten, die nicht auffindbar oder wahrnehmbar sind, erzielen keine Wirkung. Daher sind beispielsweise ausgeklügelte Suchfunktionen auf den Portalen hilfreich. Bei der stetig wachsenden Zahl an Datensätzen ist es zudem notwendig, die Portale ständig zu evaluieren, um sie nutzerorientiert zu verbessern.

Fünf-Sterne-Modell offener Daten nach Tim Berners-Lee

Auch Datenformate spielen eine große Rolle. Die Downloadzahlen der Datenportale in London, Hamburg, Berlin und Wien zeigen beispielsweise eine überproportionale Nutzung von maschinenlesbaren Formaten. Der Kreislauf von Datenangebot und Nachfrage schließt sich, indem die Datenbereitstellenden von den Datennutzenden Feedback erhalten und daraus weitere Motivation zur Veröffentlichung von Daten entsteht.

Handlungsempfehlungen für die öffentliche Verwaltung

Für öffentliche Einrichtungen, die offene Daten bereitstellen ergeben sich aus dieser Betrachtung folgende Handlungsempfehlungen:

  • Stellen Sie ihre Daten über ein zentrales Open-Data-Portal bereit.

  • Bieten Sie Ihre Daten möglichst in mehreren Formaten an.

  • Richten Sie eine zentrale Open-Data-Stelle bzw. einheitliche Ansprechpartner:innen in Ihrer Organisation ein.

  • Arbeiten Sie aktiv mit der Open-Data-Community zusammen.

  • Orientieren Sie sich bei der Veröffentlichung von Datensätzen an der Nachfrage.

  • Regen Sie zur Nutzung von Open Data an, beispielsweise durch Hackathons und Kooperationen mit Medien.

Studie zu Open Data in vier Städten

Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT am Fraunhofer FOKUS hat in der Studie "Open Data - zwischen Wunsch und Wirklichkeit" die Open-Data-Portale vier europäischer Großstädte untersucht.  Was sind die Unterschiede in der Umsetzung und der Nutzung offener Verwaltungsdaten in London, Hamburg, Berlin und Wien? Die Untersuchung fokussiert dabei die Frage: Was passiert, wenn politische Versprechen auf Verwaltungswirklichkeit treffen? Die Studie zeigt grundlegend, wie Sie Open-Data-Ökosysteme entstehen und was für eine erfolgreiche Umsetzung von Open Data ausschlaggebend ist.

Anhand der Beispiele in Deutschland, Österreich und Großbritannien gibt das Whitepaper Hinweise und Handlungsempfehlungen, um ein attraktives Open Data-Angebot zu schaffen und so Nutzer:innen zur Entwicklung von Anwendungen zu motivieren.