Künstliche Intelligenz; KI; Verwaltung; Bots; Baden-Württemberg; Pforzheim; Verwaltung
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Erste Berührungspunkte

Stadt Pforzheim bildet Digitallotsen aus / Baden-Württemberg setzt schon jetzt auf KI in Justiz- und Finanzbehörden

In Pforzheim begleiten Mitarbeiter aus unterschiedlichen Verwaltungsbereichen als ausgebildete Digitallotsen nun den Transformationsprozess der Verwaltung. Das Projekt ist Teil der im vergangenen Jahr gestarteten Initiative "Smart City Days" der Stadt und wird zudem vom Land finanziell gefördert. Es sind auch die ersten Schritte, um das Personal mit Anwendungen Künstlicher Intelligenz bekannt zu machen.

 „Ich möchte meine Verwaltung, meine Mitarbeiterschaft motivieren, gemeinsam mit der Rathausspitze diesen Weg einzuschlagen“, erklärte Oberbürgermeister Peter Boch. Damit die Transformation in der eigenen Verwaltung gelingt, hat die Stadt Anfang des Jahres sieben Leute aus verschiedenen Ämtern zu Lotsen ausbilden lassen.

Sieben geschulte „Digitallotsen“ unterstützen den Transformations-prozess der Stadtverwaltung in Pforzheim.
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Multiplikatoren

Während der Qualifizierung erhielten die Teilnehmer Informationen zu aktuellen Digitalisierungstrends sowie Kompetenzen im Bereich E-Government und Change-Management. Die Lotsen haben die Aufgabe, das erworbene Wissen an Kollegen weiterzugeben und als Multiplikatoren Chancen aufzuzeigen, die die Verwaltungsdigitalisierung mit sich bringen kann. Zudem sollen die Mitarbeiter eigene Ideen für Digitalisierungsansätze in ihren Bereichen anstoßen.

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Ich möchte meine Verwaltung, meine Mitarbeiterschaft motivieren, gemeinsam mit der Rathausspitze diesen Weg einzuschlagen.

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Peter Boch, Oberbürgermeister Stadt Pforzheim

Die Weiterbildung ist ein vom Land Baden-Württemberg gefördertes Projekt. Das Programm des Innenministeriums beläuft sich auf 450 Euro pro kommunalen Digitallotsen, wobei die Förderung für eine Kommune der Größe Pforzheims (125.000 Einwohner) auf vier Digitallotsen begrenzt ist. Die Kosten für die Qualifizierung der weiteren drei Digitallosten hat die Stadt selbst getragen.

Teil der KI-Strategie des Landes

In den kommenden Jahren sollen in diesem Rahmen über 1.600 Mitarbeiter in baden-württembergischen Kommunalverwaltungen weitergebildet werden, heißt es in der Ende 2018 veröffentlichten KI-Strategie des Landes. In den Kommunen gilt demnach, nicht nur die eigenen Digitalisierungsvorhaben umzusetzen, sondern auch neue strategische Partnerschaften mit Wirtschaft und Forschung einzugehen. So sollen auch in den Behörden Innovationen aus dem Bereich Künstlicher Intelligenz vorangebracht werden. Die Landesverwaltung hat ihrerseits ebenso einen Lehrgang erhalten – hier werden Führungskräfte unter dem Namen „Digital Leadership“ zu allen Themen der digitalen Transformation, einschließlich KI, fortgebildet.

Algorithmen im Justiz- und Steuerwesen

Denn die Landesverwaltung setzt schon seit langem entsprechende Technologien ein, um komfortable Leistungen anzubieten und die Mitarbeiter bei Routine-Tätigkeiten zu entlasten. „Mit automatisierten Entscheidungen wollen wir mehr Freiräume schaffen", erklärt das 47-seitige Papier, „damit sich die Bediensteten der Landesverwaltung um die Bearbeitung komplexerer Sachverhalte kümmern können und mehr Zeit für die individuelle Beratung der Bürgerinnen und Bürger bleibt.“ So würden einfachere Steuerfälle heute schon automatisiert bearbeitet und in der Justiz maschinelle Mahnverfahren auf der Basis von Algorithmen erledigt.

Chatbots: Mensch kommuniziert mit Maschine.
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E-Akte macht Algorithmen munter

In einem weiteren Pilotverfahren arbeitet das Land aktuell daran, mithilfe spezieller Software und auf Basis neuronaler Netze an seinen Gerichten eine automatisierte Übersetzung fremdsprachiger Dokumente umzusetzen. Unter Federführung Baden-Württembergs kümmert sich zudem ein bundesweiter Themenkreis zum Einsatz kognitiver Systeme um KI-Potenziale in der Justiz. Im „Ländle“ sei man bei der Einführung der elektronischen Verfahrensakte in diesem Bereich bundesweit vorn – die flächendeckende Einführung in der Arbeits- und Finanzgerichtsbarkeit stehe unmittelbar bevor. Zum Ende des ersten Quartals 2019 würden 800 Mitarbeiter mit „führenden“ E-Akten arbeiten. Baden-Württemberg verfüge daher bereits heute über den notwendigen Datenbestand zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Justizwesen.

Chatbots in der Finanz- und Kommunalverwaltung

In den Landesfinanzämtern sowie in einigen Kommunen kommen hingegen bereits Chatbots zum Einsatz. In der Stadtverwaltung Ludwigsburg fördere man den Einsatz des bundesweit ersten Verwaltungs-Roboters „L2B2“, teilt das Land mit. Dieser könne einfache Anliegen der Bürger KI-basiert beantworten und sie beispielsweise an den richtigen Schalter lotsen.

Es geht um die Wirtschaft und Wissenschaft

Insgesamt betrachtet, ist die öffentliche Hand in Sachen KI aber nur ein Nebenschauplatz – das eigentliche Anliegen des Landes liegt in den Bereichen Wirtschaft und Wissenschaft. Baden-Württemberg soll zur „weltweiten Leitregion des digitalen Wandels“ werden und dabei vor allem auf Künstliche Intelligenz setzen. Mit dem KI-Strategiepapier will man der KI-Strategie der Bundesregierung „entgegenkommen“ und signalisieren, sich als Land größtmöglich zu engagieren. Es geht darum, die Potenziale entlang der gesamten industriellen und mittelständischen Wertschöpfungskette zu heben.

Baden-Württemberg soll zur „weltweiten Leitregion des digitalen Wandels“ werden und will dabei auf Künstliche Intelligenz setzen.

Signale an Berlin und Brüssel

In einem weiteren Schreiben wendet sich das „Ländle“ mit demselben Tenor an die EU-Kommission (siehe Link unten) und bekräftigt die übergeordnete Bedeutung von KI für Europa: „Baden-Württemberg wird sich als starker Partner der Europäischen Union in die Umsetzung der Strategie und des koordinierten Plans einbringen. Triebfeder unserer Bemühungen ist es, eine hochinnovative und sichere Künstliche Intelligenz zu entwickeln, die auf dem Fundament europäischer Werte fußt und den Menschen nützt. Mit einer wertebasierten Künstlichen Intelligenz „made in Europe“ wollen wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern eine weltweite Vorreiterrolle einnehmen.“